Vorsicht bei der Verwendung von Musterverträgen

Im Internet finden sich viele freizugängliche Vertragsmuster für den Betrieb von Photovoltaikanlagen, etwa

  • für die Miete einer Dachfläche (Dachnutzungsvertrag),
  • für die Gestattung der Wegenutzung oder der Leitungsverlegung (Wegenutzungsvertrag, Gestattungsvertrag) oder
  • für die Direktlieferung des PV-Stroms an Mieter oder Nachbarn (Stromliefervertag).

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, diese Musterverträge für eigene Zwecke – sprich: für die eigene PV-Anlage – zu verwenden. Dafür sind sie schließlich da. Und in der Regel wurden die Vertragsmuster von Anwältinnen und Anwälten formuliert, die sich mit der Materie auskennen.

Musterverträge bitte prüfen

Dennoch ist Vorsicht geboten. Denn zum einen ändert sich kaum ein anderes Rechtsgebiet so schnell wie das Energierecht. Zum anderen sollte in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft werden, ob die Regelungen des gefundenen Vertragsmusters tatsächlich auf Ihre PV-Anlage passen und alle Besonderheiten des Einzelfalls ausreichend abbilden. Bevor Sie also in die Tasten hauen und ein im Internet gefundenes Vertragsmuster ausfüllen, prüfen Sie bitte folgendes:

  • Von wann stammt das Muster? Ist der Vertrag noch aktuelle, spiegelt er also noch die geltende Rechtslage wider?
  • Wer hat das Muster veröffentlicht, wer hat es verfasst? Ist das Vertragsmuster eher aus der Perspektive des PV-Anlagenbetreibers oder aus der Perspektive der anderen Seite (Grundstückseigentümer, Mieter etc.) verfasst?
  • Passt das Vertragsmuster tatsächlich auf Ihren Fall? Was unterscheidet Ihre PV-Anlage von anderen PV-Anlagen?

In keinem Fall sollten Sie ein im Internet gefundenen Vertragstext ungelesen und ungeprüft übernehmen. Überlegen Sie sich bitte gut, an welchen Stellen Anpassungsbedarf besteht und wie sich der Vertrag in die jeweiligen Rahmenbedingungen einfügen würde. Denn es ist leider so, dass sich in der Praxis viel Ärger und viele Gerichtsprozesse vermeiden ließen – wenn nur die Verträge besser wären.

Das richtige Maß

Übrigens gilt auch bei Verträgen: Größe ist nicht alles. Der längste Vertragstext ist nicht zwangsläufig der beste. Ebenso wenig lässt sich aus der Anzahl der Paragrafen ablesen, wie gut der Vertrag ist. Ein guter Vertrag zeichnet sich auch durch die richtige Regelungsdichte aus: Er sollte nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig regeln.

Ist der Vertrag zu umfangreich, dann enthält er viel Ballast, der die Vertragsverhandlung möglicherweise erschwert und die Handhabung des Vertrags schwerfällig und fehleranfällig macht. Ist der Vertrag dagegen zu schmal aufgesetzt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass während der Vertragslaufzeit Regelungslücken zu Tage trägen, die für beide Seiten riskant sein können.

Kurzum: Im Zweifel besser vorher einen Anwalt fragen. Auch wenn der Weg zum Anwalt zunächst teurer erscheint, ist ein guter Vertrag in der Regel sein Geld wert.

Rechtsanwalt Sebastian Lange

Rechtsanwalt Sebastian Lange ist Inhaber der in Potsdam ansässigen und bundesweit tätigen PROJEKTKANZLEI. Er hat sich wie kaum ein anderer Anwalt auf Photovoltaikanlagen spezialisiert und verfügt über langjährige Erfahrung in der juristischen Begleitung von PV-Projeken. Rechtsanwalt Lange ist zudem Vorsitzender der von ihm mitgegründeten Allianz Bauwerkintegrierte Photovoltaik e.V.


Startseite

Schreibe einen Kommentar