Wer sollte bei einem Erbbaurecht die Dienstbarkeit bestellen?

Solaranlagen auf fremden Dächern sind durchaus üblich: Der Betreiber der PV-Anlage mietet hierfür die betreffende Dachfläche vom Eigentümer des Gebäudes, der als Gegenleistung ein bestimmtes Nutzungsentgelt erhält. Regelmäßig wird das vertraglich vereinbarte Nutzungsrecht des Anlagenbetreibers zusätzlich durch die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch gesichert.

Wie aber sollte verfahren werden, wenn das Gebäude, auf dem die PV-Anlage installiert werden soll, Eigentum eines Erbbauberechtigten ist? Genügt es, wenn der Erbbauberechtigte die Grunddienstbarkeit bestellt? Oder sollte der Eigentümer des belasteten Grundstücks bei der Bestellung der Dienstbarkeit mitwirken? – Die Antwort: Ja! Nach Möglichkeit sollte sowohl der Erbbauberechtigte, als auch der Grundstückseigentümer eine entsprechende Dienstbarkeit zugunsten des Solaranlagenbetreibers bestellen.

Rechtsnatur des Erbbaurechts

Das Erbbaurecht ist ein sogenanntes grundstücksgleiches Recht. Es besagt im Wesentlichen, dass der bzw. die Erbbauberechtigte das Recht hat, auf einem fremden Grundstück ein Gebäude zu errichten und dieses zu nutzen (vgl. § 1 Abs. 1 ErbbauRG). Als „grund­stücks­gleiches“ Recht wird das Erbbaurecht deshalb bezeichnet, weil es wie ein Grundstück selbständig übertragbar, vererbbar und auch belastbar ist (vgl. § 11 Abs. 1 ErbbauRG). Das Gebäude, das der Erbbauberechtigte errichtet (Erbbaugebäude), ist Eigentum des Erbbauberechtigten und nicht des Grundstückseigentümers.

Das Erbbaurecht durchbricht also die Grundregel, dass der Eigentümer eines Grundstücks automatisch Eigentümer der Gebäude auf seinem Grundstück und Eigentümer aller wesentlichen Bestandteile der Gebäude ist (vgl. § 94 BGB). Sowohl der Grundstückseigentümer, als auch der Erbbauberechtigte sind Eigentümer: der eine am Grundstück, der andere am Gebäude.

Gedanklich kann man sich ein Erbbaurecht daher wie ein Grundeigentum vorstellen, das gewissermaßen über dem belasteten Grund­stück schwebt. Allerdings sind Erbbaurecht und Grundstück in räumlicher Hinsicht nicht zwingend deckungsgleich. Im Gegenteil: Regelmäßig bezieht sich das Erbbaurecht nur auf die Teilfläche des Grundstücks, die für das Bauwerk erforderlich ist (vgl. § 1 Abs. 2 ErbbauRG). Welche Teilfläche dies im konkreten Fall ist, ergibt sich aus dem Erbbaurechtsvertrag.

Erbbaurechte sind zeitlich befristet. Mit Ablauf der vereinbarten Zeit erlischt das Erbbaurecht (vgl. § 27 Abs. 1 ErbbauRG). Das Eigentum am vormaligen Erbbaugebäude geht dann ipse jure auf den Grund­stücks­eigentümer über; das ist der sogenannte Heimfall.

PV-Anlagen auf einem Erbbaugebäude

Soll die PV-Anlage, die dinglich gesichert werden soll, als Aufdach­anlage auf einem Erbbaugebäude installiert werden, dann betrifft dies in erster Linie also das Eigentum der Erbbauberechtigten und nur mittelbar das Eigentum der Grundstückseigentümerin. Daher ist es in erster Linie die Erbbauberechtigte, die die Grunddienstbarkeit bestellen muss.

Es kann allerdings sein, dass die Grundstücks­eigentümerin ihre Zustimmung zur Bestellung einer Dienstbarkeit erteilen muss. Denn:

  • Zum einen kann es sein, dass für die PV-Anlage Grundstücksteile genutzt werden, die räumlich außerhalb des Erbbaurechts liegen. Da ein Erbbauberechtigter keine Nutzungsrechte einräumen kann, die er selbst nicht hat, kann sich auch der Ausübungsbereich einer am Erbbaurecht bestellten beschränkt persönlichen Dienstbarkeit nicht auf die übrigen Grundstücksteile erstrecken. Denkbar ist vor allem, dass für die Anschlussleitungen und für einen Trafo auch Grundstücksteile jenseits des Erbbaurechts genutzt werden müssen.
  • Zum anderen kann sich aus dem Erbbaurechtsvertrag ergeben, dass der Grundstückseigentümer bestimmter Änderungen oder Nutz­ungen des Erbbaugebäudes in jedem Fall zustimmen muss. Das hängt davon ab, welche Art der Nutzung im Erbbaurechtsvertrag vereinbart wurde. Selbst wenn sich das Erbbaurecht räumlich auf das gesamte Grundstück erstrecken sollte, kann also möglicherweise die Zustimmung des Grundstückseigentümers erforderlich sein.

Die Einbeziehung des Grundstückseigentümers macht darüber hinaus aber auch deshalb Sinn, weil nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass das Erbbaurecht noch während der Betriebsdauer der PV-Anlage erlischt. Selbst wenn das Erbbaurecht im konkreten Fall weit über die geplante Betriebsdauer der PV-Anlage hinausgehen sollte: Kommt die Erbbau­berechtigte ihren Pflichten gegenüber der Grundstückseigentümerin nicht nach, kann es auch schon früher zum Heimfall kommen.

Würde die beschränkte persönliche Dienstbarkeit nur am Erbbaurecht bestellt werden, so würde sie zusammen mit dem Erbbaurecht erlöschen (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG). Zwar gilt auch in diesem Fall, dass Bestandsmietverhältnisse grundsätzlich automatisch auf den neuen Eigentümer übergehen (vgl. § 30 ErbbauRG). Jedoch steht dem Grund­stücks­eigentümer in diesem Fall unter Umständen ein Sonder­kündigungs­recht zu; oder er geht aus anderen Gründen gegen den Nutz­ungs­vertrag vor. Im schlimmsten Fall könnte der Betreiber der PV-Anlage sein Nutzungsrecht durch den Heimfall gänzlich verlieren.

Doppelt hält besser

Daher empfiehlt es sich, die beschränkte persönliche Dienstbarkeit nicht allein für das Grundbuch des Erbbaurechts, sondern auch für das Grundbuch des Erbbaugrundstücks bestellen zu lassen. Dies hat zwar doppelte Gebühren zur Folge, verschafft dem Betreiber der PV-Anlage jedoch umfassende Sicherheit.

Am Erbbaugrundstück kann die beschränkte persönliche Dienstbarkeit allerdings nur im Rang nach dem Erbbaurecht eingetragen werden. Dies folgt aus § 10 Abs. ErbbauRG, wonach das Erbbaurecht zwingend an erster Rangstelle eingetragen sein muss. Aus Sicht des PV-Anlagenbetreibers ist dies jedoch unschädlich, wenn die beschränkte persönliche Grund­dienst­barkeit in beiden Grundbüchern eingetragen wird.Auf der anderen Seite enthält die Abteilung II des Grundbuchs des Erbbaurechts regelmäßig eine Belastung mit dem Erbbauzins. Damit wird die regelmäßige Zahlung des Erbbauberechtigten an den Grund­stückseigentümer dinglich gesichert. Der Grundstückseigentümer wird ohne Not kaum bereit sein, insoweit einen Rangrücktritt zugunsten des Betreibers der PV-Anlage zu erklären. Die Eintragung der Dienstbarkeit muss daher an rangbereiter Stelle erfolgen. Doch auch dies ist aus Sicht des Anlagenbetreibers unproblematisch, wenn die Nutzung der Dachfläche in beiden Grundbüchern abgesichert ist.

Rechtsanwalt Sebastian Lange

Rechtsanwalt Sebastian Lange ist Inhaber der in Potsdam ansässigen und bundesweit tätigen PROJEKTKANZLEI. Er hat sich wie kaum ein anderer Anwalt auf Photovoltaikanlagen spezialisiert und verfügt über langjährige Erfahrung in der juristischen Begleitung von PV-Projeken. Rechtsanwalt Lange ist zudem Vorsitzender der von ihm mitgegründeten Allianz Bauwerkintegrierte Photovoltaik e.V.


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