EEG 2023: Verzögerungen beim Netzanschluss von Solaranlagen vermeiden

Der Netzanschluss von Solaranlagen ist jüngst in den Fokus der Politik und des Gesetzgebers gerückt. Denn die bisherige Praxis des Netzanschlusses wird allgemein als zu langsam und uneinheitlich bewertet. Die ambitionierten Ausbauziele und die beschleunigte Installation von vielen Millionen Solaranlagen in den nächsten Jahren wäre in der heutigen Form nicht zu schaffen. Daher hat der Gesetzgeber mit den Änderungen zum EEG 2023 die Weichen gestellt für eine massentaugliche Ausgestaltung der Netz­anschlussprozedur. Die neuen gesetzlichen Regelungen müssen jedoch zum Teil erst bis zum 01.01.2025 umgesetzt werden. Bis dahin dürfte es vielerorts weitgehend bei der bisherigen Praxis bleiben. Das EEG 2023 enthält aber auch Neuerungen, die sofort Wirkung entfalten.

Übliche Verfahren zum Netzanschluss

In Deutschland gibt es rund 900 Verteilnetzbetreiber, die von Gesetzes wegen verpflichtet sind, neue Solaranlagen unverzüglich an ihr Netz anschließen zu lassen. Da das Verfahren zum Netzanschluss von Solaranlagen gesetzlich nur punktuell geregelt ist, gibt es in Deutschland bislang keine einheitliche Prozedur für den Netzanschluss. Entscheidend ist vielmehr, welches Verfahren der jeweilige Netzbetreiber vorsieht. Informationen zum anzuwendenden Verfahren finden sich häufig (aber nicht immer) auf der Internet-Seite des betreffenden Netzbetreibers.

Wenngleich also das Verfahren zum Netzanschluss von Netzgebiet zu Netzgebiet verschieden sein kann, so lassen sich doch generell die folgenden Schritte identifizieren, die überall durchlaufen werden:

  1. Netzanschlussbegehren
  2. Netzverträglichkeitsprüfung
  3. Einspeisezusage
  4. Installation der Solaranlage
  5. EEG-Inbetriebnahme
  6. Inbetriebsetzungsauftrag
  7. Montageauftrag für den Zähler
  8. Netztechnische Inbetriebsetzung

Unterschiede zwischen den verschiedenen Netzbetreibern zeigen sich vor allem beim Netzanschlussbegehren und bei den letzten drei Schritten zur netztechnischen Inbetriebsetzung.

Anforderungen an das Netzanschlussbegehren und an die Einspeisezusage

Auch kleinere Solaranlagen dürfen grundsätzlich nicht „einfach so“ selbst angeschlossen werden. Zwar gibt es mittlerweile Erleichterungen für die sogenannten „Balkon-Solaranlagen“ mit einer maximalen Wirkleistung von 600 Watt. Für alle anderen Solaranlagen gilt jedoch weiterhin, dass der Anschluss­nehmer den geplanten Netzanschluss beim Netzbetreiber beantragen muss. Dies geschieht mit dem sogenannten Netzanschlussbegehren.

Für die Form und für die Art der Übermittlung des Netz­anschluss­begehrens enthält das Gesetz keine Vorgaben. Die einschlägigen technischen Normen halten hierfür zwar besondere Formulare vor (Formular E.1 aus der VDE-AR-N 4105, dem das Formular E.2 und beim geplanten Einsatz eines Stromspeichers das Formular E.3 beizufügen ist). Netzbetreiber sind jedoch nicht verpflichtet, diese Formulare zu verwenden; sie können hiervon also auch abweichen und eigene Formulare verwenden. Zum Teil stellen Netzbetreiber für das Netzanschlussbegehren auch heute schon ein spezielles Webportal bereit.

Nach Eingang des Netzanschluss­begehrens prüft der Netzbetreiber, ob die Solaranlage ohne Weiteres an das Netz angeschlossen werden kann oder ob netztechnische Gründe dagegensprechen. Ist das Netz nicht in der Lage, die Solaranlage aufzunehmen, so muss der Netzbetreiber mitteilen, an welchem Verknüpfungspunkt ein Anschluss möglich wäre und inwieweit hierfür ein Netzausbau erforderlich wird. Spricht aus netztechnischer Sicht hingegen nichts gegen den Netzanschluss der geplanten Solaranlage, erteilt der Netzbetreiber seine Einspeisezusage. In den Einspeisezusagen finden sich in aller Regel auch Informationen zum weiteren Verfahren und zu den konkreten Anforderungen des jeweiligen Netzbetreibers.

Netzbetreiber sind gesetzlich verpflichtet, nach Erhalt eines Netzanschlussbegehren „unverzüglich“ einen Zeitplan für die Bearbeitung des Netzanschlussbegehren zu übermitteln. Darin sind auch die Informationen zu nennen, die der Netzbetreiber für die Netzverträglichkeitsprüfung und gegebenenfalls für die Ermittlung des wirtschaftlichen Netzverknüpfungspunktes benötigt (vgl. § 8 Abs. 5 EEG). Für die anschließende Einspeisezusage sieht § 8 Abs. 6 EEG eine Frist von acht Wochen vor. Diese Frist beginnt allerdings erst zu laufen, wenn der Netzbetreiber alle geforderten Informationen tatsächlich erhalten hat.

Errichtung und kaufmännische Inbetriebnahme

Liegt die Einspeisezusage vor, kann die Solaranlage errichtet werden. Für die Errichtung der Solaranlage ist der künftige Anlagenbetreiber selbst verantwortlich. Auch insoweit statuiert das Gesetz nur wenige Vorgaben und verlangt im Wesentlichen nur, dass ausnahmslos alle Anlagen nach den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ und unter Beachtung der Technischen Anschlussbedingungen des betreffenden Netz­betreibers errichtet werden müssen. Mit dem neu eingefügten § 8 Abs. 5 Satz 3 EEG 2023 stellt der Gesetzgeber dies noch einmal ausdrücklich klar.

Es ist allerdings unter den Mitarbeitern der Netzbetreiber ein leider weitverbreiteter Irrglaube, dass wegen des gesetzlichen Verweises auf die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ sämtliche technische DIN- und VDE-Normen zwingend einzuhalten seien. Denn das Gesetz enthält lediglich eine Vermutung zugunsten des Anlagenbetreibers, dass seine Anlage den gesetzlichen Anforderungen entspricht, wenn diese technischen Normen umgesetzt sind; die technischen DIN- und VDE-Normen haben weder Gesetzeskraft, noch schreibt das Gesetz deren Anwendung bindend vor. Daher sind auch die Verfahrensvorgaben in den einschlägigen technischen Regelwerken nicht allseits verpflichtend. Erst recht genießen die technischen Normen keinen Vorrang vor dem Gesetz; bei Widersprüchen geht das Gesetz in jedem Fall vor.

Ist die Solaranlage installiert, ist zwischen der Inbetriebnahme im Sinne des EEG und der netztechnischen Inbetriebsetzung zu unterscheiden. Für die Höhe und für die Dauer der gesetzlichen Förderung nach dem EEG kommt es auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme im Sinne des EEG an; daher spricht man insoweit auch von der „kaufmännische Inbetriebnahme“. Die EEG-Inbetriebnahme kann erfolgen, sobald die Solarmodule und der Wechselrichter am bestimmungsgemäßen Ort fest installiert und miteinander verbunden sind – also regelmäßig nach Abschluss der DC-Arbeiten. 

Da die Förderhöhe kontinuierlich sinkt, hat der Anlagenbetreiber in der Regel ein Interesse daran, die EEG-Inbetriebnahme so früh wie möglich vorzunehmen. Die EEG-Inbetriebnahme setzt im Wesentlichen nur voraus, dass der DC-Teil der Solaranlage fertiggestellt ist und dass der Anlagenbetreiber den entsprechenden Willen ausübt, seine Anlage offiziell in Betrieben zu nehmen. Die Verbindung des Wechselrichters mit dem Zählerkasten, der Netzanschluss selbst oder ein Mitwirken des Netzbetreibers ist für die EEG-Inbetriebnahme hingegen nicht erforderlich.

Zählersetzung und netztechnische Inbetriebsetzung

Sobald die Solaranlage tatsächlich betriebsbereit fertiggestellt ist, kann die Anlage zum Netzanschluss angemeldet werden. Das hat meist mit Hilfe des Formulars E.8 aus der VDE-AR-N 4105 zu erfolgen. Doch auch dieses Formular müssen die Netzbetreiber bislang nicht zwingend verwenden. Manche Netzbetreiber verlangen daher zum Teil auch weitergehende Angaben oder die Vorlage weiterer Unterlagen, was in der Praxis zu ärgerlichen Verzögerungen führen kann.

Mit der netztechnischen Inbetriebsetzung erteilt der Netzbetreiber die Freigabe, dass die Solaranlage Strom ins Netz einspeisen darf. Der Netzanschluss setzt regelmäßig voraus, dass der Anlagenbetreiber einen neuen Zweirichtungszähler erhält, der misst, wie viel Strom aus der Solaranlage ins Netz eingespeist wird. Die Zählersetzung muss in einigen Netzgebieten zusätzlich beim Netzbetreiber beauftragt werden. In anderen Netzgebieten ist es der Elektriker, der den AC-Teil der Solaranlage verantwortet, der die erforderlichen Arbeiten im Zählerschrank vornimmt und gegebenenfalls den Zähler wechselt.

Erfolgt der Zählertausch durch den Netzbetreiber, dann wird meist im selben Zuge auch die netztechnische Inbetriebnahme vorgenommen. Erfolgt die Zählersetzung hingegen durch den Anlagen­errichter, so kann für die Inbetriebsetzung möglicherweise ein geson­derter Termin erforderlich werden, was zu weiteren Verzögerungen führen kann.

Privilegierung kleiner Solaranlagen

Für kleinere Solaranlagen sieht das EEG gewisse Vereinfachungen vor. Die Vereinfachungen betreffen sowohl die Festlegung des Netzverknüpfungspunktes als auch die erforderliche Mitwirkung des Netzbetreibers beim Netzanschluss.

Vermutung des Netzverknüpfungspunktes

Bereits seit dem EEG 2021 enthält § 8 Abs. 1 Satz 2 EEG die gesetzliche Vermutung, dass Anlagen mit weniger als 30 kWp über einen bestehenden Hausanschluss angeschlossen werden können. Das betrifft also insbesondere die typischen Solaranlagen auf Dächern von Wohn- oder Geschäftshäusern.

Die Grenze von 30 kWp gilt bei mehreren Solaranlagen auf einem Grundstück allerdings insgesamt. Maßgeblich ist zudem die installierte Leistung der Module, also die Nennleistung und nicht die Wirkleistung der Solaranlage (was in netztechnischer Hinsicht naheliegend wäre).

Netzanschluss ohne explizite Freigabe durch den Netzbetreiber

Anlagen mit einer installierten Leistung von maximal 10,8 kWp dürfen auch ohne eine explizite Freigabe durch den Netzbetreiber angeschlossen werden, wenn der Netzbetreiber nicht spätestens einen Monat nach Erhalt des Netzanschlussbegehrens den Zeitplan für den Netzanschluss mitgeteilt hat (vgl. § 8 Abs. 5 Satz 2 EEG). Auch diese Regelung wurde bereits mit dem EEG 2021 eingeführt. Das EEG 2023 enthält insoweit lediglich die Klarstellung, dass auch in diesem Fall die technischen Anforderungen an die Anlage eingehalten werden muss.

Regelmäßig keine Anwesenheit des Netzbetreibers erforderlich

Neu ist hingegen, dass der Netzanschluss von Solaranlagen unter 30 kWp im Regelfall auch ohne Anwesenheit des Netzbetreibers vorgenommen werden soll. Das EEG 2023 verlangt insoweit zunächst, dass der Netzbetreiber mit der Einspeisezusage mitzuteilen hat, ob die Anwesenheit des Netzbetreibers bei der Herstellung des Netzanschlusses erforderlich ist. Dabei enthält das Gesetz die widerlegbare Vermutung, dass im Regelfall keine Anwesenheit des Netzbetreibers erforderlich ist. Verlangt der Netzbetreiber im Einzelfall gleichwohl, dass der Netzanschluss in seiner Anwesenheit hergestellt wird, so hat er dies „einfach und verständlich“ zu begründen (vgl. § 8 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 EEG 2023). Die Begründung muss sich auf den konkreten Einzelfall beziehen; Standard-Textblöcke reichen nicht aus.

Teilt der Netzbetreiber dem Anlagenbetreiber nicht fristgemäß mit, ob und wenn ja warum seine Anwesenheit ausnahmsweise erforderlich ist, so erlaubt es das EEG 2023, den Netzanschluss auch ohne Anwesenheit des Netzbetreibers herzustellen. Wie es sich in diesem Fall mit dem möglicherweise erforderlichen Zählerwechsel verhält, sagt das Gesetz indes nicht – jedenfalls nicht explizit. Es verweist vielmehr lediglich auf die „für die Ausführung eines Netzanschlusses maßgeblichen Regelungen“. 

Aus dem Verweis auf die „maßgeblichen Regelungen“ folgt allerdings, dass auch die messtechnischen Anforderungen an etwaige Stromeinspeisungen erfüllt sein müssen. Der Netzanschluss darf daher jedenfalls dann nicht ohne Weiteres vorgenommen werden, wenn sich der vorhandene Bezugszähler durch die Stromeinspeisungen aus der Solaranlage rückwärts drehen würde. Der Anlagenbetreiber hat daher entweder einen anderen Messstellenbetreiber mit dem Zählerwechsel zu beauftragen oder technisch sicherzustellen (etwa durch eine entsprechende Einstellung am Wechselrichter), dass kein Strom ins Netz geht.

Digitalisierung und Standardisierung der Verfahren

Dass die bislang praktizierten Verfahren zum Netzanschluss nicht einheitlich und nicht überall zeitgemäß sind, hat auch der Gesetzgeber erkannt. Denn Verzögerungen und Wartezeiten sind in diesen Verfahren vorprogrammiert. 

Mit dem neu eingefügten § 8 Abs. 7 EEG 2023 verpflichtet der Gesetzgeber daher alle Netzbetreiber, ihre Verfahren zu digitalisieren und weitgehend zu vereinheitlichen. Alle Netzbetreiber müssen spätestens bis zum 01.01.2025 dafür sorgen, dass die erforderlichen Informationen für Netzanschlussbegehren auf ihren Internet-Seiten zu finden sind. Das Netzanschlussbegehren muss dann über ein Webportal des jeweiligen Netzbetreibers erfolgen können. Darüber hinaus wird es eine zentrale digitale „Anlaufstellstelle“ für alle „Anschlussbegehrenden“ geben, von der aus die Webportale der Netzbetreiber angesteuert werden können (vgl. § 14a EnWG n.F.). Dies soll vor allem den bundesweit tätigen Anbietern von Solaranlagen nützen.

Das ist jedoch hoffentlich nur der Anfang. Denn die neuen Vorgaben zur „Digitalisierung und Standardisierung“ des Netzanschlussprozesses beziehen sich bislang nur auf die Bearbeitung der Netzanschlussbegehren. Die Meldungen und Aufträge zur Zählersetzung und zur netztechnischen Inbetriebsetzung sind hiervon hingegen noch nicht erfasst. Das sollte nicht so bleiben. Denn die „erheblichen Wartezeiten“, die in der Gesetzesbegründung beklagt wird, entstehen nicht nur am Anfang, sondern auch am Ende des Prozesses, was für Anlagenbetreiber und Anlagenerrichter gleichermaßen ärgerlich ist. Weitere Schritte zur vollständigen Digitalisierung und Standardisierung müssen also folgen, um unnötige Verzögerungen zu vermeiden.


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