Strom unterliegt der Stromsteuer. Wer seinen Strom aus dem Netz bezieht, zahlt für jede Kilowattstunde 2,05 Cent Stromsteuer. Für selbsterzeugten Solarstrom fällt die Stromsteuer dagegen in den meisten Fällen nicht an. Dennoch will die Finanzverwaltung es ganz genau wissen: Woher stammt der Strom? Wer nutzt ihn? Liegt tatsächlich ein stromsteuerrechtlicher Ausnahmefall vor? Auch wenn im Ergebnis keine Stromsteuer zu zahlen ist, haben Anlagenbetreiber daher unter Umständen umfangreiche Angaben zu ihrer Solaranlage und jährliche Steueranmeldungen zu machen.
Sinn und Zweck der Stromsteuer
Die Stromsteuer wurde 1999 mit dem Stromsteuergesetz (StromStG) als Einstieg in die „ökologische Steuerreform“ eingeführt. Sinn und Zweck der Stromsteuer war ursprünglich, den Strom künstlich teurer zu machen, um so einen Anreiz zum Stromsparen zu schaffen.
Von der Notwendigkeit einer künstlichen Verteuerung des Stroms spricht heute niemand mehr. Aber gestrichen wird die Stromsteuer dennoch nicht. Das wäre auch nicht ohne Weiteres möglich. Denn sie ist nicht nur im deutschen, sondern seit 2004 auch im europäischen Recht verankert: Die europäische Energiesteuerrichtlinie 2003/96/EG schreibt vor, dass alle Mitgliedstaaten Stromsteuer in einer bestimmten Höhe erheben müssen[3].
Die Stromsteuer ist eine sogenannte Verbrauchssteuer (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 StromStG). Wie viel Stromsteuer der oder die Einzelne zu zahlen hat, hängt im Wesentlichen von der Höhe des individuellen Verbrauchs ab. Zuständig für die Erhebung der Verbrauchssteuern – und damit auch für die Stromsteuer – sind die 41 Hauptzollämter des Bundes.
Wann entsteht die Stromsteuer?
Die Stromsteuer beträgt regulär 20,5 €/MWh bzw. 2,05 Ct/kWh (vgl. § 3 StromStG). Zwar kennt das Stromsteuerrecht eine Reihe von Steuerbefreiungen. Im Grundsatz aber gilt, dass die Stromsteuer gemäß § 5 Abs. 1 StromStG immer dann entsteht,
- wenn ein „Letztverbraucher“ in Deutschland Strom aus dem „Versorgungsnetz“ entnimmt, der von einem „Versorger“ mit Sitz in Deutschland geliefert wurde, und
- wenn „Eigenerzeuger“ Strom zum Selbstverbrauch „entnehmen“.
Dabei gilt als „Versorger“ jeder, der Strom „leistet“; „Eigenerzeuger“ ist, wer Strom zum Selbstverbrauch erzeugt (vgl. § 2 Nr. 1 und 2 StromStG). Im ersten Fall hat der „Versorger“ die Stromsteuer an das Hauptzollamt abzuführen, im zweiten Fall der „Eigenerzeuger“ (vgl. § 5 Abs. 2 StromStG).
Bei der Stromsteuer wird also zwischen dem „Versorger“, dem „Eigenerzeuger“ und dem „Letztverbraucher“ unterschieden. Die Grenzen zwischen diesen drei Kategorien verschwimmen jedoch. Denn so gilt beispielsweise derjenige, der Strom aus dem Netz entnimmt und sogleich innerhalb seiner Kundenanlage weiterverteilt, regelmäßig nicht als „Versorger“, sondern als „Letztverbraucher“ (vgl. § 1a Abs. 1a der Stromsteuer-Durchführungsverordnung – StromStV). Dies hat insbesondere zur Folge, dass die Stromsteuer für diesen Strom vom eigentlichen Stromlieferanten und nicht von demjenigen angemeldet und abgeführt werden muss, der den Strom lediglich weiterleitet. Zudem wird für diese Weiterleitungen auch keine „Versorgererlaubnis“ benötigt (vgl. § 4 Abs. 1 StromStG).
Ähnliches gilt für die typische Mieterstromkonstellation. Ein Anlagenbetreiber, der Mieterstrom anbietet, gilt für den Zusatzstrom, den er aus dem Netz bezieht und an die Mieterinnen und Mieter weiterleitet, als Letztverbraucher. „Versorger“ ist der Anlagenbetreiber nur in Bezug auf den selbsterzeugten Solarstrom, der von den Mieterinnen und Mietern direkt verbrauchten wird (vgl. § 1a Abs. 6 StromStV). Diese Gruppe wird daher auch als „kleine Versorger“ bezeichnet.
Die bloße Einspeisung von Solarstroms in das öffentliche Netz begründet für sich genommen weder eine Stromsteuerpflicht, noch wird der Anlagenbetreiber hierdurch zum „Versorger“ (vgl. § 1a Abs. 5 StromStG). Das gilt unabhängig davon, ob für den eingespeisten Strom die EEG-Vergütung oder die Marktprämie in Anspruch genommen wird. Nur wenn der ins Netz eingespeiste Strom im Wege der Direktlieferung („sonstige Direktvermarktung“ im Sinne des EEG) an einen „Letztverbraucher“ geliefert wird, hat der Anlagenbetreiber als „Versorger“ Stromsteuer anzumelden und abzuführen.
Welche Solaranlagen sind befreit?
Doch selbst wenn die Stromsteuer nach § 5 StromStG eigentlich entstanden ist, sind die meisten Solaranlagen im Ergebnis von der Stromsteuer befreit. Entscheidend sind insoweit Art und Nennleistung der jeweiligen Anlage und wie der Strom verwendet wird.
Die Stromsteuerbefreiungen sind in § 9 StromStG geregelt. Von vornherein von der Stromsteuer befreit sind alle echten Inselanlagen, also Solaranlagen, die weder unmittelbar, noch mittelbar mit dem Stromnetz verbunden sind (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 6 StromStG). Die Inselanlagen dürfen für die Stromsteuerbefreiung jedoch maximal 2 MW Nennleistung haben. Auch mobile Solaranlagen auf Fahrzeugen dürften hiervon weitgehend erfasst sein.
Bei den netzgekoppelten Anlagen ist zu unterscheiden:
- Bei weniger als 2 MW Leistung ist der gesamte Strom von der Stromsteuer befreit, der „im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage“ verbraucht wird (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG). Hier kommt es nicht darauf an, ob der Strom vom Anlagenbetreiber selbst oder von einem Dritten, der den Strom vom Anlagenbetreiber bezieht, verbraucht wird. Auch Contracting-Modelle stehen der Stromsteuerbefreiung nicht entgegen. Erfasst werden also auch Stromdirektlieferungen innerhalb einer Kundenanlage, wie dies beim Mieterstrom im Sinne des EEG regelmäßig der Fall ist.
- Bei Anlagen mit mehr als 2 MW installierter Leistung gibt es die Stromsteuerbefreiung nur für die echte Eigenstromversorgung „am Ort der Erzeugung“ (vgl. § 9 Abs. 1 Nr.1 StromStG). Stromdirektlieferungen an Dritte werden von dieser Befreiungsregelung also nicht erfasst.
Was noch als „räumlicher Zusammenhang“ im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG angesehen werden kann, sagt § 12b Abs. 5 StromStV. Demnach umfasst der „räumliche Zusammenhang“ grundsätzlich alle Entnahmestellen im Radius von bis zu 4,5 Kilometern um die Erzeugungsanlage. Jedoch regelt § 9 Abs. 1a StromStG, dass Strom dann nicht von der Stromsteuer befreit ist, wenn er durch ein öffentliches Stromnetz geleitet oder auch bloß kaufmännisch-bilanziell weitergegeben wird. Die Netznutzung steht der Stromsteuerbefreiung also immer entgegen. In der Praxis dürfte der 4,5-Kilometer-Radius daher kaum zum Tragen kommen.
Darüber hinaus kann für Betriebsstrom („Strom zur Stromerzeugung“) grundsätzlich eine Stromsteuerbefreiung geltend gemacht werden (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG). Diese Stromsteuerbefreiung kann bei größeren Solarparks Interessant werden. Für kleinere Anlagen dürfte der Aufwand, der hiermit verbunden wäre, dagegen kaum lohnen.
Bestimmung der Anlagengröße
Ob Stromsteuer für Solarstrom zu zahlen ist, hängt also unter anderem von der installierten Leistung ab. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Stromsteuerrecht eigene Regelungen zur Bestimmung der Anlagengröße kennt. Die Regelungen des EEG zur Anlagenzusammenfassung („Verklammerung“, § 9 und § 24 EEG) finden im Stromsteuerrecht daher keine Anwendung.
Für die Stromsteuer kommt es vielmehr auf § 12b Abs. 1 StromStV an. Demnach gelten mehrere „unmittelbar miteinander verbundene Stromerzeugungsanlagen an einem Standort“ als eine Anlage. Entscheid sind die tatsächlichen und technischen Gegebenheiten, die im Einzelfall anhand verschiedener Kriterien geprüft werden müssen. Anders als im EEG spielt es hierfür insbesondere keine Rolle, mit welchem zeitlichen Abstand verschiedene Anlagen oder Anlagenteile in Betrieb genommen wurden. Deshalb können beispielsweise zwei Solaranlagen auf einem Betriebsgelände mit jeweils 750 kWp Leistung im EEG als zwei Anlagen zu behandeln sind, während sie für die Stromsteuer als eine Anlage gelten.
Wann müssen Anlagenbetreiber aktiv werden?
Auch wenn Solarstrom von der Stromsteuer weitgehend befreit ist, bedeutet dies nicht, dass sich Solaranlagenbetreiber um nichts sorgen müssten. Denn unter Umständen bedarf es für die Stromsteuerbefreiung der Mitwirkung der Anlagenbetreiber.
Seit einer Gesetzesänderung in 2019 ist Solarstrom aus kleineren Anlagen nämlich nicht mehr generell von der Stromsteuer befreit. Hintergrund sind Vorgaben des europäischen Beihilferechts. Um in den Genuss der Stromsteuerbefreiung zu kommen, benötigen nun grundsätzlich alle Anlagenbetreiber eine entsprechende stromsteuerrechtliche „Erlaubnis“.
Auch die sogenannte „steuerfreie Entnahme“ nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG (Anlagen unter 2 MW Nennleistung) muss grundsätzlich förmlich beantragt werden („förmliche Einzelerlaubnis“, vgl. § 9 Abs. 4 StromStG). Hat die Solaranlage jedoch weniger als 1 MW Nennleistung, gilt der Verbrauch „im räumlichen Zusammenhang“ mit der Solaranlage gemäß § 10 Abs. 2 StromStV als „allgemein erlaubt“. Die Steuerbefreiung greift in diesem Fall also ausnahmsweise auch ohne einen förmlichen Antrag.
Dies ändert allerdings nichts daran, dass der Anlagenbetreiber, der den Solarstrom innerhalb einer Kundenanlage an eine andere Person liefert, in Bezug auf diese Strommengen als „Versorger“ gilt (der „kleine Versorger“). Der „Versorger“ benötigt grundsätzlich eine Erlaubnis, die förmlich beantragt werden muss (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 StromStG). Beim „kleinen Versorger“ genügt eine förmliche Anzeige (vgl. § 2 Abs. 3 StromStV). Die Versorgereigenschaft zieht zudem nach sich, dass jährliche Steueranmeldungen zu machen sind (vgl. § 4 Abs. 6 StromStV). Das gilt auch für die „kleinen Versorger“, also beispielsweise die Anbieter von Mieterstrom (vgl. § 4 Abs. 8 Satz 2 StromStV).
Für Solaranlagen mit mehr als 1 MW Nennleistung muss für die Inanspruchnahme der Stromsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG stets eine „Erlaubnis zur steuerfreien Entnahme“ beantragt werden. Wird Solarstrom aus diesen Anlagen ohne Erlaubnis genutzt, hat der Anlagenbetreiber unverzüglich eine Steueranmeldung abzugeben und die Stromsteuer sofort zu entrichten (vgl. § 8 Abs. 9 StromStG).
Anlagenbetreiber müssen zudem immer dann aktiv werden, wenn sie von ihrem Hauptzollamt zu entsprechenden Meldungen aufgefordert werden. Die Mitwirkungspflicht der Anlagenbetreiber folgt in diesen Fällen aus allgemeinen Regelungen des Steuerrechts (vgl. § 90 Abs. 1 Abgabenordnung). Anlagenbetreiber, die geforderten Angaben nicht machen, risikieren zum einen straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Konsequenzen. Zum anderen können die Hauptzollämter die Stromsteuer auch auf Basis eigener Schätzungen festsetzen.
Stromsteuer in der Praxis
Für Anträge, Anzeigen und regelmäßigen Mitteilungen an die Hauptzollämter sind zwingend die einschlägigen amtlichen Formulare zu verwenden. Die Formulare finden sich auf der Internet-Seite des Hauptzollamtes und können dort online ausgefüllt werden. Zu jedem Formular gibt es „Ausfüllhinweise“ mit umfangreichen Informationen. Eine digitale Übermittlung der Formular ist allerdings noch nicht möglich. Die Formulare müssen also ausgedruckt, unterschrieben und per Post an das zuständige Hauptzollamt geschickt werden.
Für Betreiber einer Solaranlage mit weniger als 2 MW Nennleistung sind insbesondere folgende Formulare zu verwenden:
- Wird der gesamt Strom eingespeist (Volleinspeisung) und nicht an einen Letztverbraucher geliefert, sind in der Regel keine Formulare auszufüllen. Dies ist ausnahmsweise nur dann erforderlich, wenn das Hauptzollamt ausdrücklich hierzu auffordert.
- Gleiches gilt für Betreiber von Anlagen mit weniger als 1 MW Nennleistung, die ihren Solarstrom ausschließlich vor Ort selbst verbrauchen oder zwecks EEG-Förderung ins Netz einspeisen (Überschusseinspeisung).
- Hat die Anlage mehr als 1 MW Nennleistung und wird ausschließlich zur Selbstversorgung und Überschusseinspeisung genutzt, sind das Formular 1422 (Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis für die steuerbefreite Entnahme), das Formular 1422a (Betriebserklärung) und das Formular 1422az (Zusatzblatt) zu verwenden.
- „Kleine Versorger“ (Mieterstrom und ähnliche Stromlieferungen innerhalb der Kundenanlage) haben unabhängig von der Nennleistung der Anlage das Formular 1412 zu verwenden (Anzeige für eine Erlaubnis als Versorger). Hat die Anlage eine Nennleistung von weniger als 1 MW, sind zusätzlich das Formular 1410a (Betriebserklärung) und das Formular 1410az (Zusatzblatt) auszufüllen. Hat die Anlage eine Nennleistung zwischen 1 und 2 MW, sind das Formular 1422 (Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis für die steuerbefreite Entnahme), das Formular 1422a (Betriebserklärung) und das Formular 1422az (Zusatzblatt) zu verwenden.
- Wird der Strom außerhalb der Kundenanlage selbst verbraucht oder an eine andere Person geliefert, ist statt des Formulars 1412 das Formular 1410 (Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis) zu verwenden. Zudem sind auch hier das Formular 1410a (Betriebserklärung) und das Formular 1410az (Zusatzblatt) auszufüllen.
- Für die Steueranmeldungen – gleich durch wen oder für welche Strommengen – ist stets das Formular 1400 zu verwenden.
Die erforderlichebn Anzeigen und Anträge müssen stets vor Beginn der jeweiligen Tätigkeit – also regelmäßig vor der netztechnischen Inbetriebsetzung der Solaranlage – erfolgen. Für die jährlichen Steueranmeldungen (Formular 1400) ist die Abgabefrist der 31. Mai des Folgejahres (vgl. § 8 Abs. 4 StromStG).
Rechtsanwalt Sebastian Lange ist Inhaber der in Potsdam ansässigen und bundesweit tätigen PROJEKTKANZLEI. Er hat sich wie kaum ein anderer Anwalt auf Photovoltaikanlagen spezialisiert und verfügt über langjährige Erfahrung in der juristischen Begleitung von PV-Projeken. Rechtsanwalt Lange ist zudem Vorsitzender der von ihm mitgegründeten Allianz Bauwerkintegrierte Photovoltaik e.V.