Schneeberg: Freistaat Sachsen verklagt Anlagenbetreiber wegen Schäden am Dach

Als hätten die Anlagenbetreiber nicht schon genug Ärger mit ihrer Solaranlage gehabt: Der Freistaat Sachsen geht gerichtlich gegen mehrere Dutzend Anlagenbetreiber vor, die eine Solaranlage auf dem Gelände der ehemaligen Jägerkaserne in Schneeberg ihr Eigen nennen. Grund hierfür sind vermeintliche Schäden an den Dächern, die durch die Montage der Solaranlagen entstanden sein sollen. Je nach Gebäude stehen Forderungen von über einer Millionen Euro im Raum.

Vom einstigen Vorzeigeprojekt ist nichts Gutes geblieben

Auf dem ehemaligen Kasernengelände, das mittlerweile eine Polizeischule beherbergt, sind insgesamt 114 Einzelanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 1 Megawatt installiert. Konzipiert wurden die Anlagen als sogenannte „Bürger-Solaranlagen“: Auf rund 40 Gebäude wurden Solaranlagen installiert, die dann – aufgesplittet in Einzelanlagen mit jeweils rund 10 kWp – an verschiedene Anleger im gesamten Bundesgebiet verkauft wurden.

Zum Startschuss der Bauarbeiten strahlten der Bürgermeister, der Geschäftsführer der Stadtwerke und der Projektentwickler noch gemeinsam in die Kamera. Doch das vermeintliche Vorzeigeprojekt geriet für die Anleger zum Fiasko: Erst ging der Kieler Projektentwickler, der eigentlich auch Wartung und Betriebsführung der Anlagen übernehmen sollte, insolvent. Kurze Zeit später meldete auch einer der Haftpflichtversicherer, bei denen einige der Anlagen versichert waren, Insolvenz an.

Wirklich bitter wurde es für die Anlagenbetreiber spätestens vor gut einem Jahr, als die Stadtwerke Schneeberg – in ihrer Rolle als Anschlussnetzbetreiberin – ankündigten, möglicherweise die gesamte bislang ausgezahlte EEG-Vergütung zurückfordern zu müssen. Die vermeintlich clevere Investition in erneuerbare Energien drohte zum Totalverlust zu werden.

Jetzt auch noch der Freistaat Sachsen

Kaum schien die Gefahr der Rückforderung gebannt, meldet sich nun der Freistaat Sachsen zu Wort. Der Freistaat war früher schon einmal Eigentümer des Kasernengeländes, hatte das Grundstück vor der Errichtung der „Bürger-Solaranlagen“ jedoch an einen privaten Immobilienentwickler verkauft. Nach der Insolvenz des Projektentwicklers machte sich auch der Immobilienentwickler wieder aus dem Staub. 2016 ging das Grundstück zurück an den Freistaat.

Der Freistaat schaute danach ein wenig genauer als sein Vorbesitzer hin, wie die Solaranlagen auf den Dächern montiert worden waren. An einigen Dächern wurden angeblich erhebliche Beschädigungen festgestellt. Zum Teil soll über Jahre hinweg Wasser in die Gebäude eingedrungen sein und noch deutlich größere Schäden verursacht haben.

Rechtlich sind viele Fragen offen

Die ersten Anlagenbetreiber wurden bereits 2020 vom Freistaat Sachsen aufgefordert, die Kosten der Dachsanierung zu übernehmen. Für die betroffenen Anlagenbetreiber vom Gebäude 24 fand am 22.11.2021 die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht Chemnitz statt. (Zwei der sechs Anlagenbetreiber werden von der PROJEKTKANZLEI vertreten.) Dabei wurde schnell klar: Ganz so einfach, wie der Freistaat Sachsen die Sache sieht, ist es nicht. Es gibt gute Argumente, warum die Anlagenbetreiber nicht für die Schäden am Dach haftbar gemacht werden können. 

Wie das Landgericht Chemnitz diese Rechtsfragen beantworten wird, ist offen. Mit einer Entscheidung ist frühestens Ende Februar 2022 zu rechnen. Bis dahin sollten alle Anlagenbetreiber, die Post vom Freistaat Sachsen oder vom Mahngericht erhalten, die Forderung des Freistaates sehr ernst nehmen und anwaltlichen Rat hinzuziehen. Nur wer nicht reagiert, hat fast schon verloren.

Rechtsanwalt Sebastian Lange

Rechtsanwalt Sebastian Lange ist Inhaber der in Potsdam ansässigen und bundesweit tätigen PROJEKTKANZLEI. Er hat sich wie kaum ein anderer Anwalt auf Photovoltaikanlagen spezialisiert und verfügt über langjährige Erfahrung in der juristischen Begleitung von PV-Projeken. Rechtsanwalt Lange ist zudem Vorsitzender der von ihm mitgegründeten Allianz Bauwerkintegrierte Photovoltaik e.V.


Startseite