Brandgefährlich: die Haftung der Planer und Installateure

Mit Urteil vom 23.09.2019 hat das Oberlandesgericht Oldenburg eine Haftung des Installateurs für Brandschäden am Gebäude, die durch die PV-Anlage verursacht wurden, bejaht. Das Gericht sah es als eine Pflicht des Installateurs an, die Brandeigenschaften des Daches vor jeder Installation sorgfältig zu prüfen. Kann die Brandgefahr nicht ausgeschlossen werden, darf die Anlage nicht installiert werden. Die hohen Sorgfaltsanforderungen, die das Gericht formuliert hat, können mittelbar auch auf Anlagenbetreiber durchschlagen, die fremde Dächer nutzen.

Wenn das Gebäude wegen der PV-Anlage Feuer fängt

Die Entscheidung des OLG Oldenburg betraf den Brand, der im Juni 2013 auf dem Dach eines Elektronikfachgeschäfts in Wittmund (bei Jever) aus­gebrochen war. Der Sachschaden belief sich auf rund 3 Millionen Euro. Klägerin war die Versicherungsgesellschaft, die den Schaden des Gebäude­eigentümers und dessen Mieter ausgeglichen hatte. Beklagte war die Solarfirma, die die Solaranlage errichtet hatte.

Die Leistungen der beklagten Solarfirma beschränkten sich damals ausschließlich auf die Installation. Geplant hatte die Anlage eine andere, vom Gebäude­eigentümer direkt beauftragte Firma. Und auch sämtliche Anlagen­kompo­nenten (PV-Module, Wechselrichter, Kabel etc.) wurden vom Gebäude­eigentümer selbst beschafft und zur Installation gestellt.

Die Solaranlage war erst kurz vor dem Brand installiert worden, nachdem das Gebäude zuvor schon einmal durch einen von einer PV-Anlage ausgelösten Brand nahezu vollständig zerstört wurde. Es handelte sich um eine vergleichsweise kleine Anlage. Sie bestand im Wesentlichen aus 390 PV-Modulen, die als konventionelle Aufdach-PV-Anlage genutzt wurden. Die Kabel der PV-Anlage verliefen zum Teil in Kabelkanälen, die ohne weitere Zwischenschicht unmittelbar auf der Dachhaut auflagen.

Die Dachbedeckung bestand aus verschweißten Kunststoff- und Bitumen­bahnen. Nach Ansicht der Gutachter erfüllten diese zwar die allgemeinen brandschutzrechtlichen Anfor­der­ungen für Gebäude. Dies schütze jedoch nur vor Flugfeuer und vor strahlender Wärme, nicht aber vor „unmittelbarer Befeuerung“ von außen.

Was genau den Brand ausgelöst hatte, blieb unklar. Eine mögliche Ursache könnte eine „unfachmännische Verkabelung“ [sic!] gewesen sein. Aber auch ein defekter Feuerwehrschalter, der größere Brände eigentlich verhindern soll, kam als Ursache in Betracht.

Das OLG Oldenburg sieht Installateur und Planer in der Pflicht

Das Landgericht Aurich hatte die Klage erstinstanzlich noch abgewiesen. Das Oberlandesgericht Oldenburg, das über die Berufung der klagenden Versicherungsgesellschaft zu entscheiden hatte, sah es dagegen als erwiesen an, dass der Brand von einem Defekt in der PV-Anlage ausgegangen war. Welche konkrete Anlagenkomponente den Brand ausgelöst hatte, sei für die Haftung des Installateurs nicht entscheidend.

Entscheidend für die Haftung des Installateurs sei vielmehr folgendes:

  • Der Installateur hatte die PV-Anlage nach den „anerkannten Regeln der Technik“ zu errichten. Hierzu zählen auch die Regeln der DIN VDE 0100-482 bzw. der nachfolgenden DIN VDE 0100-100.
  • Ziffer 134.1.6 der DIN 0100-100 schreibt vor, dass elektrische Betriebsmittel, die wahrscheinlich hohe Temperaturen oder elektrische Lichtbögen verursachen können, so angebracht oder geschützt werden, dass kein Risiko der Entzündung von brennbaren Materialien besteht. Das betrifft auch Solaranlagen.
  • Bei einer Installation auf einem brennbaren Dach, das nur die allgemeinen Brandschutzvorgaben für Gebäude erfüllt, muss eine sichere Trennung zwischen den möglichen Zündquellen und der Dachbedeckung hergestellt werden.
  • Der Installateur darf eine PV-Anlagen nicht ungeprüft auf das vorhandene Dach montieren. Er muss sich zuvor über die Art der Eindeckung und ihrer Brennbarkeit informieren, etwa beim Hersteller der Bahnen oder durch eigene Brandproben an Vergleichsmaterialien.
  • Lässt sich ein Risiko der Entzündung nicht ausschließen, hat die Montage zu unterbleiben.
  • Die Haftung war in diesem Fall auch nicht durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Installateurs ausgeschlossen. Denn danach war die Haftung nur für Fälle der leichten Fahrlässigkeit ausgeschlossen. Die Nichtbeachtung der anerkannten Regeln der Technik ist jedoch kein Fall leichter Fahrlässigkeit.
  • Der Werkvertrag mit dem Eigentümer ist zugleich ein Vertrag mit Schutzwirkung für die Mieter im Gebäude. Auch deren Schaden kann daher einen vertraglichen Schadensersatzanspruch begründen.

Allerdings sah das Gericht im vorliegenden Fall auch ein Mitverschulden des Gebäudeeigentümers gegeben. Denn die Vorgaben der DIN VDE 0100-100 richten sich ebenso an den Planer der Anlage. Da der Planer in dem zu entscheidenden Fall im Auftrag des Eigentümers tätig wurde, müsse sich der Eigentümer die entsprechende Pflichtverletzung des Planers zurechnen lassen.

Ein Weckruf für die Praxis

Auch wenn das Urteil des OLG bislang wenig Beachtung bekommen hat, könnte es für manchen Planer und Installateure Folgen haben. Denn das Gericht lässt keinen Zweifel aufkommen, dass ein Installateur vor jeder Montage selbst sorgfältig prüfen muss, ob der vorhandene Brandschutz ausreichend ist. Er darf sich nicht darauf verlassen, dass diese Prüfung durch den Gebäudeeigentümer oder den Planer bereits erfolgt ist. Unterlässt er diese Prüfung, haftet er. Kann ein Brandrisiko nicht ausgeschlossen werden, darf er die PV-Anlage nicht installieren.

Zwar sind Gerichtsentscheidungen wie diese für andere Gerichte nicht bindend. In der Praxis orientieren sich Gerichte aber häufig an ober­gericht­liche Rechtsprechung. Im Falle eines Gebäudebrandes wird es für Installateure und Planer daher deutlich schwerer werden, sich der Haftung zu entziehen. Wollen sie dies vermeiden, müssen sie künftig noch genauer prüfen, welche Brandrisiken bestehen und wie sich diese ausschließen lassen.

Wer eine PV-Anlage auf einem fremden Dach betreibt, sollte neben der Statikprüfung auch auf die Prüfung der Brandrisiken achten: Ist geprüft worden, ob das Dach brennbar ist? Sind gegebenenfalls brandschützenden Zwischenschichten aufgebracht worden? Darüber hinaus zeigt der Fall aber auch, wie wichtig ein guter Versicherungsschutz für die PV-Anlage werden kann.

Die hohen Sorgfaltsanforderungen, die das Gericht formuliert hat, können mittelbar aber auch auf Anlagenbetreiber durchschlagen. Denn werden PV-Anlagen auf fremden Dächern betrieben, sehen der Dachnutzungsverträge in der Regel vor, dass Errichtung und Betrieb der Anlagen nach den anerkannten Regeln der Technik zu erfolgen haben. Und dazu zählt – jedenfalls nach Auffassung des OLG Oldenburg – auch die Prüfung der Brandeigenschaften des Gebäudes.

Rechtsanwalt Sebastian Lange

Rechtsanwalt Sebastian Lange ist Inhaber der in Potsdam ansässigen und bundesweit tätigen PROJEKTKANZLEI. Er hat sich wie kaum ein anderer Anwalt auf Photovoltaikanlagen spezialisiert und verfügt über langjährige Erfahrung in der juristischen Begleitung von PV-Projeken. Rechtsanwalt Lange ist zudem Vorsitzender der von ihm mitgegründeten Allianz Bauwerkintegrierte Photovoltaik e.V.


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